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Eine Erscheinung ist jene paradoxe Schwelle, an welcher das Seiende seine Verborgenheit enthüllt, um erkannt zu werden, dabei jedoch unweigerlich seine ursprüngliche Gestalt verfremdet.

Kant erkannte diese fundamentale Spannung: „Wir erkennen von den Dingen nur die Erscheinung, nie das Ding an sich.“

Was sich dem Bewusstsein darbietet, trägt bereits den Stempel der Interpretation. Die Phänomene sprechen nicht ihre eigene Sprache, sondern übersetzen sich in die Begrifflichkeit des Wahrnehmenden. Jede Manifestation wird zum Verrat an ihrer Essenz, da sie sich den Strukturen der Erfahrung unterwerfen muss.

Diese erkenntnistheoretische Tragik durchzieht sämtliche Bereiche menschlicher Weltbegegnung: von der wissenschaftlichen Messung bis zur ästhetischen Introspektion bleibt der Mensch auf Surrogate des Wirklichen angewiesen.